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Das überforderte Ich

Symptomatisch für die Entwicklung in der Spätmoderne ist die besorgniserregenden Steigerung psychischer Erkrankungen teils neuer, teils bekannter Art: „Neuronale Erkrankungen wie Depression, Aufmerksamkeitsdefizit, Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), Borderline-Persönlichkeit (BPS) oder Burnout-Syndrom (BS) bestimmen die pathologische Landschaft des beginnenden 21. Jahrhunderts.“ (Han1, S. 7). An der Spitze der Pyramide stehen Angsterkrankungen, aber die genannten Störungen sind nicht kumulativ zu fassen, sondern überschneiden sich und gehen ineinander über.

Die IG Metall warnte im September 2011 vor einer „gesellschaftliche(n) Zeitbombe“: „Es ist etwas faul am Standort Deutschland…Ich rede von der Gesundheit der Menschen. Ich rede von einer Arbeitswelt, die immer stärker zu einer physischen und psychischen Gefahrenzone für die Beschäftigten wird. Mein Thema ist die rasante Zunahme von arbeitsbedingtem Streß und der daraus folgenden Zunahme psychischer Fehlbelastungen…Diese Entwicklungen werden wie in einem Brennglas gebündelt (in dem), was heute gemeinhin als Burnout bezeichnet wird.“ (Hans-Jürgen Urban, Statement zur Pressekonferenz in Berlin am 27.9.2011)

Zwischen 2004 und 2010 ist allein beim Burnout ein Anstieg um das Zehnfache registriert worden. In 68% der Betriebe wird der Anstieg psychischer Erkrankungen als ernstzunehmendes Problem wahrgenommen, das besonders auf die gestiegenen psychosozialen Belastungen am Arbeitsplatz zurückzuführen sei, welche sich wiederum in Leistungsverdichtung, zunehmendem psychischen Druck und Streß ausdrücken.
Im Jahre 2030 sollen laut WHO psychische Krankheiten, v.a. Depressionen und Angststörungen, die körperlichen Erkrankungen von der europäischen „Hitliste“ aller Erkrankungen verdrängt haben. Bereits heute verursachen sie in Deutschland einen Produktionsausfall im Wert von 8 Milliarden Euro. Alles spricht dafür, „daß die Burnout-Epidemie objektiv eine Pathologie des Zeitgeistes anzeigt und nicht nur „schwache“ und „verweichlichte“ Subjekte trifft, selbstverschuldete Protagonisten einer Arbeitssuchtbereitschaft anzieht…“ (Poltrum, S. 99)

Der Druck auf den einzelnen heute ist enorm, und er besteht permanent: Selbst ein erfolgreicher Einstieg ins Berufsleben und eine ansehnliche Karriere garantieren nicht auf Dauer einen angemessenen Platz in der Arbeitswelt und einen ruhigen Lebensabend in Wohlstand und Sicherheit. Daß man die Früchte seiner Ausbildung und Leistungen im Beruf auch tatsächlich ernten kann, also in diesem Sinne von der Gesellschaft „gerecht“ behandelt wird, ist genauso wahrscheinlich geworden wie das Gegenteil: Unberechenbarkeit und Unsicherheit sind zu Attributen der Lebensperspektive der meisten heutigen Menschen geworden. Und diese Attribute sind erhebliche Stressoren.