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Ökonomie der Leistungsgesellschaft

Die Gesellschaft, die das Individuum heute prägt, beeinflusst, fordert und einbettet, erlebt seit ca. 20 Jahren fundamentale Veränderungen, die einem kulturellen Umbruch gleichkommen. Materielles Kernstück dieser Umwälzung ist die Entwicklung der Mikroelektronik, die eine Durchtechnisierung der Gesellschaft in den westlichen Hemisphäre und den wirtschaftlich aufstrebenden Ländern des Südens in Gang gesetzt hat, welche mit der Nanotechnologie noch gesteigert werden wird. Dieser Übergang von der Industrie- zur Informations- und Kommunikationsgesellschaft erfolgte und erfolgt immer noch unter neoliberalem Vorzeichen und im Rahmen einer umfassenden Globalisierung, was zu einer Deregulierung des Marktes, der allgemeinen Tendenz „alles und jedes zu privatisieren“ (Poltrum, S. 102), hoher Arbeitslosigkeit und generell starkem Druck auf alle „Player“ auf dem Arbeitsmarkt geführt hat und verhindert, dass eine Verständigung der heute lebenden Menschen über Ziele, Zwecke und womöglich Grenzen einer Durchdringung aller Lebensbereiche mit Technik stattfindet, so dass diese im Selbstlauf marktwirtschaftlicher Prozesse vonstatten geht. Günther Grass schrieb am 4.5.2005 in der „Zeit“ über die Herausforderungen, die sich für Deutschland. aus dem Fall der Mauer ergeben haben: Nun seien wir schutzlos einem Diktat der Ökonomie ausgeliefert; Politik und Staat seien nicht so sehr von Rechts- oder Linksradikalismus bedroht, als von Ohnmacht der Politik gegenüber einer globalen Wirtschaft.
Am selben Ort bezeichnete der kanadische Politikwissenschaftler Charles Taylor den Kapitalismus als „unser(en) faustische(n) Pakt“: „Ohne den Kapitalismus können wir nicht leben, aber mit ihm können wir es kaum aushalten.“ Marktförmige Beziehungen durchdringen unsere Gesellschaft in immer mehr Bereichen.
Schmidtbauer konstatiert, daß die Menschen besorgt seien, weil große Konzerne abgekoppelt von nationalen Interessen agierten und Ungleichheit und Instabilität produzierten. (Schmidtbauer, Herz, S. 187) Politiker und „Wirtschaftsweise“ forderten unentwegt Flexibilität, Umdenken und Umlernen, sprächen aber nie von den enormen sozialen und psychischen Kosten. Der Wesenskern des Kapitalismus sei unheilbar und bestehe im „Bestreben, ökologische, soziale und emotionale Kosten abzuwälzen, sie zu leugnen und zu ignorieren.“ (vgl. ebenda, S. 188f.) Selbst die Gewerkschaften begnügten sich mit einer Verteidigung der bestehenden Arbeitswelt anstatt eine künftige zu gestalten.
Allenthalben wird der Verlust von Werten in der Gesellschaft beklagt. Aber wo keine Werte, da auch keine Kriterien für die Bewertung gesellschaftlicher und kultureller Entwicklungsrichtungen, und das Wirtschaftswachstum wird zum Leitstern politischer Praxis. Erwähnt sei hier nur, dass im globalen Rahmen Erscheinungen wie Klimawandel, internationale Wirtschaftskriminalität, Kriege, Finanzkrise und Migrationsbewegungen an Bedeutung gewinnen und zunehmend auch in das Leben der Bürger der westlichen Welt eingreifen.
Der einzelne hat keine Wahl und ist ein Gutteil seiner Lebenszeit damit beschäftigt, den sich rasant ändernden Alltagsbedingungen hinterherzulaufen, um den Anschluß nicht zu verlieren. Ob er diesen selbstläufigen Prozeß begeistert mitgestaltet, sein Nutznießer ist oder ihn nur resigniert mitvollzieht, weil er keine Alternative sieht – so oder so gehen seine Erscheinungen „durch ihn hindurch“ und er muß sie verarbeiten.



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